Halswirbelsäule
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Definition
Die degenerativen Erkrankungen der Halswirbelsäule umfassen Folgen von Verschleißprozessen an den Gelenken, Bändern, Muskeln und gewichtstragenden Elementen der Halswirbelsäule. Fortgeschrittener Verschleiß von Gelenken führt zur sog. Arthrose der kleinen Gelenke (Spondylarthrose). Degeneration der Bandscheiben und Zwischenwirbelräume kann zu Bandscheibenvorfällen, aber v.a. auch zur sog. Osteochondrose führen (s. Abb. 13.1). Insgesamt kann der Verschleißprozess an der Halswirbelsäule durch knöcherne Anbauten zur Einengung von neuralen Strukturen (z.B. Rückenmark und Nervenwurzeln) führen. Man spricht dann von einer Spinalkanalstenose. Die degenerative Erkrankung der Halswirbelsegmente führt zu einer Situation sog. degenerativer Instabilität. Im Rahmen der Segmentdegeneration führt eine Austrocknung der Bandscheibe zum Verlust ihrer Pufferfunktion und Mehrbelastung in den kleinen Gelenken. Dadurch entstehen gesteigerte Lasten und Scherkräfte, welche auf die Bandscheibe und die Gelenke unphysiologisch einwirken. Somit wird der weiteren Degeneration des Bewegungssegmentes Vorschub geleistet.
Ursache und Häufigkeit
Die degenerative Veränderung der Halswirbelelemente folgt dem natürlichen Alterungsprozess. Genetische Veranlagung und mechanische und äußere Einflüsse werden als ursächlich diskutiert. So weisen bereits ca. 50% der 50jährigen und 70% der 70jährigen signifikante degenerative Veränderungen auf. Dauerhafte Einengungen neuraler Strukturen (Spinalkanalstenose) können Veränderungen am Rückenmark bewirken. Folgen sind eine Reizung der Nervenwurzeln (sog. Radikulopathie) oder auch zentrale Schäden am Rückenmark (sog. Myelopathie). Wenn auch selten, so stellt die sog. zervikale spondylotische Myelopathie die häufigste Ursache für eine spinale Fehlfunktion bei älteren Patienten dar. Warum die häufig vorkommenden degenerativen Veränderungen bei einem Menschen zu Beschwerden führen und bei anderen nicht, ist noch nicht gänzlich geklärt und Gegenstand intensiver Forschung.
Mögliche Beschwerden und Symptome:
In wenigen Fällen können beschleunigte degenerative Veränderungen auch bereits in jüngerem Alter zu Beschwerden in Nacken, Kopf, Rücken und den Armen führen. Chronischer Druck auf Nervenwurzeln und Rückenmark kann zu muskulären und sensiblen Funktionsstörungen bis hin zu Lähmung und Blasen- und Mastdarmstörungen führen.
Häufig führt der degenerative Erkrankungsprozess nicht nur zu einer Einengung neuraler Strukturen, die Degeneration bedingt auch eine zunehmend kyphotische Einstellung der Halswirbelsäule. Die Kyphose selbst führt dann zu einer mechanisch ungünstigen Stellung, Mehrbelastung von Muskulatur, Bändern und Bandscheiben und kann den degenerativen Prozess weiter beschleunigen. Ebenfalls trägt eine zunehmende Kyphosierung zur Einengung des Rückenmarks durch Druck von vorne bei und verschlechtert unbehandelt die Prognose eines Patienten mit bereits vorliegenden neurologischen Ausfällen. Der Prozess der Kyphosierung, seine möglichen Folgen und Konzepte zur Problembehebung sind in Abb.13.2 veranschaulicht.
Konservative Behandlung
In den meisten Fällen können die Beschwerden erfolgreich ohne Operation behandelt werden. Vornehmlich kommen physiotherapeutische, physikalische und manualtherapeutische Maßnahmen sowie begleitende medikamentöse Therapien zum Einsatz. In fortgeschrittenerem Stadium können gezielte Spritzenbehandlungen (sog. Infiltrationen, s. Abb. 13.3) in die kleinen Gelenke der Wirbelsäule oder in die Nähe der Nervenwurzeln (sog. periradikuläre Infiltration) temporäre oder auch dauerhafte Beschwerdelinderung herbeiführen.
Operative Therapie
Die operative Therapie ist das Verfahren der Wahl wenn Einengungen der neuralen Strukturen zu Funktionsausfällen führen oder diese bei unveränderter Einengung im Langzeitverlauf drohen. Weiters sind konservativ nicht oder nur schlecht therapierbare Beschwerden ein Anlass zur Operation. So werden in den USA bei 0.03% der Bevölkerung im Lauf des Lebens Operationen aufgrund einer cervicalen Myelopathie notwendig. Die operative Therapie zielt auf die Beseitigung der einengenden (stenosierenden) Strukturen durch die sog. Dekompression ab (s. Abb. 13.4). Dabei werden Bandscheiben (sog. Diskektomie) oder sogar ganze Wirbelkörper (sog. Korporektomie) und auch osteo-degenerative Anbauten mit feinen Stanzen oder Knochenfräsen entfernt und damit die eingeengten neurologischen Strukturen entlastet. Die weiteren Ziele sind die Wiederherstellung stabiler Verhältnisse, eine normale Form der Halswirbelsäule und eine Ruhigstellung (Stabilisierung / Immobilisierung / Fusion) betroffener Halswirbelsegmente (s. Abb. 13.5). Zur Wiederherstellung von Form und Stabilität kommen sog. “Käfige“, Prothesen, Platten und Schräubchen sowie Stäbchen zum Einsatz (s. Abb. 13.6). Die Dekompression der Halswirbelsäule und die Rekonstruktion kann von einem ventralen oder dorsalen Zugang aus erfolgen. Bei aufwendigeren Eingriffe, sowie bei Patienten mit reduzierter Knochenqualität (z.B. bei Osteoporose, Rheuma) und bei größerer Anforderung an Formgebung und Stabilität können auch kombinierte Eingriffe von vorne und hinten (ventral und dorsal) notwendig sein.